Der Reisende sieht, was er sieht; der Tourist sieht, was er besucht. G.K. Chesterton
Es wird Zeit, mal wieder auf Reise zu gehen. Dieses Mal gehen meine Freundin und ich auf Tour. Das erste Mal gemeinsam. Wir waren noch nie zusammen unterwegs und ich bin gespannt, ob und wie es funktioniert. Wir sind beide gerne aktiv und reisen gerne und am Abend ist bei ihr "Grillen" angesagt. Da unser Ziel ein Campground ist und laut Internet einige Aktivitäten vor Ort machbar sind, sollte das mit uns Beiden hinhauen.
Los geht's
Planung über die N2 Richtung Caledon -Riversdale - George - über den Outeniqua Pass - Richtung Oudshorn - Uniondale nach Buffelsdrift. 464 km / 5-6 Std. lt. Maps
Da wir viel Gravel Road und über den Pass fahren, müssen wir etwas mehr Zeit einplanenSomerset West - Eagle Falls Camping, 14. Januar 2021 29C ° ☀️
Die Mountain Bikes aufs Auto und es geht los! Von Somerset West geht es über den Grabouw Pass und N2➡️ Richtung Caledon. Der erste Stopp lautet ganz klar - Dassiefontein. Ist es ein Ort oder lediglich der Name der alten Antikscheune, die neben altem Krimskrams (und zwischenzeitlich Neuem und auf alt getrimmten Krempel) und Deko in jeglicher Form anbietet? Egal, hier muss man einfach halten. Und innerhalb der letzten Jahre ist es zu einer Art Ausflugslokal avanciert, an dem keiner vorbei- kommt. Außerdem gibt es den besten Apfelkuchen weit und breit und typische afrikanische Küche.
Sehr lecker!
Ein kleiner Tante-Emma-Laden rundet das Angebot ab, sodass wir selbstgemachte Marmelade und Kekse als Proviant für die Fahrt mitnehmen. Versorgt sind wir jetzt für die Reise, deshalb können wir auch ein bisschen aufs Gas drücken. Nächster Halt Fotostopp, um die alte Brücke in Sonderend zu fotografieren. Wunsch meiner Freundin, da sie als Kind öfter hier im Urlaub war.
Also anhalten, aussteigen und dann die Brücke aus jeglicher Position fotografieren - und natürlich Selfies machen. 😉 Heute muss man ja alles "für die schöne Instawelt" dokumentieren.
Anhalten muss man auch in Riversdale - der nächste Dekoladen wartet. Und was es dort alles gibt. Das lässt jedes Herz eines Innenausstatters
höherschlagen. Insbesondere meines. Nicht umsonst ist der Name "Bali Shop". Asiatische Möbel, Stoffe, Kissen und in allen Farben die passende Deko. Ein Shop in Shop Konzept, das auch Kleidung und
ein Geschäft mit "hausgemachten Spezialitäten" anbietet. Meine Freundin ersteht im Laden einen großen Sonnenhut und auch ich komme natürlich nicht ohne etwas zu kaufen aus dem Geschäft. Ich
glaube, das schafft keiner. 🙈
Weiter gehts ➡️ George. Bevor wir jedoch den Outeniqua Pass befahren, erwartet uns eine kleine Überraschung. Wir machen einen Kaffeestopp und als wir an der Rückseite des Cafés Platz nehmen und uns umdrehen, stehen am Zaun Strauße, Buntböcke und dann kommen Zebras auf uns zu. Dieser kleine "Privatzoo" gehört zum Lokal und ein Mitarbeiter, der gerade Strauße mit "Toastbrot" füttert, reicht mir etwas Toast, damit auch ich die Vögel füttern kann. Lilly, die uns wie immer begleitet, nimmt relativ wenig Notiz von den Tieren. Auch als die Zebras ganz nah an den Zaun kommen, ist ihr das relativ egal. Aber vor Menschen "Schiss haben" - da fragt man sich, wer die gefährlicheren Tiere sind ...
Der schönste Teil unserer Fahrt kommt jetzt - über den Outeniqua Pass - einem Gebirgspass, der nördlich von George verläuft und die Küstenregion der Garden Route mit dem Landesinneren, der Kleinen Karoo verbindet.
Der Pass wurde zwischen 1942 und 1951 gebaut, da der Montagu Pass dem zunehmenden Verkehr nicht mehr gewachsen war. Italienische Kriegsgefangene haben den Bau begonnen und als nach Ende des Krieges lediglich 10% der Strecke fertig gestellt waren, wurde dieser durch südafrikanische Arbeiter fertig gestellt.
Entlang der Strecke verläuft teils eine Mauer und von den Sightseeing-Points hat man einen atem-beraubenden Blick über das ganze Tal hat. Der Aussichtspunkt "4 Pässe" bietet einen Blick auf alle 4 Pässe - den Outeniqua Pass, den Montagu Pass (superschön), den Cradock Pass und den Eisenbahnlinien Pass.
Ich könnte hier stundenlang stehen bleiben und die Aussicht genießen. Zum Teil kann man bis George schauen. Mit Worten kann ich gar nicht beschreiben, wie mich diese Landschaft fasziniert. Man muss es einfach erlebt haben. Somit geht die Fahrt auch ziemlich langsam voran, weil wir immer wieder an den Aussichtspunkten anhalten, um neue Fotos zu machen. Leider kann ich mit dem Handy diesen Blick gar nicht richtig einfangen ...
Es wird Zeit, dass wir weiterfahren - auch wenn ich einfach hier sitzen bleiben könnte, so schön finde ich es gerade. Wir benötigen länger, als wir eigentlich
eingeplant hatten, denn die vielen Stopps und die langsame Fahrt über den Pass kostet Zeit.
Deshalb hilft alles nichts, wir müssen weiter. Schließlich wollen wir heute vor Dunkelheit ankommen.
➡️Richtung Oudshorn ➡️Uniondale teilt uns Maps mit. In Buffelsdrift links ab ≠ Gravel Road laut Info Eagle Falls. Aber wir sehen weit und breit kein Hinweisschild. Weiter bis zur nächsten Tankstelle, dort wird man es wohl wissen. Wir müssen sowieso tanken, Holz kaufen für unser Braai und dann die Info: 6 km zurück zur Abzweigung. Geht ja noch....
Tatsächlich, es führt ein kleiner "Feldweg" ins "Nirgendwo". Diesen Hinweis haben wir übersehen und auch Mrs. Google hat uns nicht darauf hingewiesen. 😌
Endlich erreichen wir den "Gravel Road" - nicht wie üblich, rote Erde, die mir das Gefühl gibt in Afrika zu sein, es ist mehr ein "Dirty Road". Macht nix. Ein paar Kilometer weiter und ich habe das Gefühl, wir sind mitten im Nirgendwo gelandet. Und es ist nicht nur so ein Gefühl, es ist tatsächlich so. Um uns herum nur Berge, ein großer und ein kleiner Wasserfall und sonst NICHTS.
Hier muss es sein. Sieht aber irgendwie gar nicht so aus. Weiter - irgendwann wird schon ein Haus stehen.
Etwas versteckt liegt der Campground und die Eagle Falls Lodge, die verschiedene Übernachtungs-Möglichkeiten anbietet. Momentan scheint aber auch hier alles im "Schlaf" zu liegen. Die Lodge ist "geschlossen" und somit auch das Restaurant. Ist aber ist nicht schlimm, wir versorgen uns ja selbst.
Wir haben nicht wie gebucht zwei Zimmer, sondern ein kleines Haus. Das erste Haus bietet uns nur ein Zimmer mit einem Doppelbett. Da wir zwar Freundinnen, aber nicht auf Kuschelkurs gehen wollen, tauschen wir das Haus gegen ein anderes mit zwei Zimmern. Jetzt haben wir sogar das Glück, den Wasserfall direkt vor der Nase zu haben. Das nennt man jetzt wohl eine 1A Lage!
Meine Freundin, seit Jahren "campingerfahren" hat für alles gesorgt, was man so braucht, sagt sie. Ich muss mich um nichts kümmern, teilt sie mir vor Abfahrt mit. Das ist prima. Beim Auspacken stellen wir dann fest, dass wohl die eine oder andere Tasche bei ihr Zuhause stehen geblieben ist. Wir stehen da mit einer sehr speziellen Köstlichkeit!!! (eine Art Leber im Darm), ein paar Gewürzen und Mayonnaise, Tonic und 2 Flaschen Wein. Marmelade gibts auch noch. Eine etwas eigenwillige Zusammenstellung.
Dann der Versuch, den Grill zu starten. Ohne Anzünder, dafür mit Eierkarton und Lampenöl, welches wir im Haus finden, denn die Tasche mit Grillzubehör ist wohl auch
Zuhause stehen geblieben. Leider misslingt der Versuch und so bleibt uns eigentlich nur, entweder nochmal einkaufen zu fahren oder im Farm Shop zu fragen, was wir dort erstehen können. Pech
gehabt, der ist geschlossen. An der Rezeption/Bar bekommen wir Grillanzünder und fragen, wie der Strom funktioniert. Alle
Schalter angeschaltet, trotzdem kein Licht. Haben wir Loadshedding??? (Abschaltung des Stroms) Wir wollen nicht komplett im Dunkeln sitzen, denn das Lampenöl haben wir ja bereits
anderweitig eingesetzt. 🙈
Außerdem ersteht meine Freundin Gin, damit der Tonic auch verdünnt werden kann. Na, dann ist der Abend ja gerettet! In Zukunft verlasse ich mich lieber wieder auf die "gute deutsche Organisation" 🙃
Nachdem die Probleme gelöst sind, gilt es mit Lilly den Campingplatz und das Gelände zu erkunden. Schließlich ist Lilly ein Hund, der etwas Auslauf braucht. Bis ich jedoch mit Lilly zurück bin, fängt es an zu regnen. Wir haben beide nur ein paar Tropfen abbekommen. Dann donnert es und Lilly, mein kleiner Schisser, rennt los. Ich hinterher. Wer weiß, wohin sie rennt. Mit Flip Flops auf einem steilen Felsenpfad bei Regen ist das nicht die allerbeste Idee. Nutzt aber nichts, Lilly ist schnell, Windhund eben. Und hinter ihr herzulaufen, ist natürlich ein Spiel für sie.
Gott sei Dank bleibt sie aber bereits nach dem zweiten Rufen stehen und lässt sich an der Leine zurückführen. Zwischenzeitlich bin ich leider klitschnass, als ich zurück zu unserem Häuschen komme. Unser Feuer hat der Regen jetzt auch gelöscht. Dafür haben wir nach einer Weile wieder Strom... 😄
Dann gibt es eben statt einem Braai (die südafrikanische Variante von Grillen) heute Abend Crackers, Humus, Cream Cheese, Feta und Oliven. Dazu ein Glas Wein. Geschmuggelt im Auto unter den Sitzen der Rückbank in einem kleinen Versteck - denn es ist striktes Alkoholverbot während des Lockdowns.
Ob wir später mal unseren Enkeln davon berichten werden, genauso wie unsere Großeltern früher vom Krieg erzählt haben? Im Prinzip ist es ja nichts anderes. Ein weltweiter Krieg ausgelöst durch Viren - injiziert von den Chinesen... (meine persönliche Meinung)
Zwischenzeitlich ist es 20.30 Uhr - es ist stockdunkel, wir sitzen auf der Terrasse, im Hintergrund das Geräusch des tosenden Wasserfalls und schauen auf das Feuer, das René wieder in Gang gesetzt hat. Tausende kleiner Fliegen leisten uns Gesellschaft. 😉
Eagle Falls Camping, Freitag,15. Januar 2021 37°C ☀️
Das Frühstück auf unserer eigenen, kleinen Terrasse, mit Blick auf Blick auf die Eagle Falls
und das Kammanassie Valley ist genial. Auch wenn wir nicht viel auf dem Tisch stehen haben, der Blick entschädigt uns für alles. Und einen Pott Kaffee haben wir ja.
Es gibt hier drei große "Pools" sowie einen kleinen und großen Wasserfall. Die gilt es nach dem Frühstück genauer zu erkunden.
Wir starten zunächst mit dem kleinen Pool.
Gar nicht so einfach, über die klitschigen Felsen ins Wasser zu kommen. Und Lilly ist zwar nicht wasserscheu, aber wie bereits bekannt, ein Schisser.
Dann finden wir einen Autoreifen bzw. den Schlauch, den wir aufpumpen, um im Wasser zu plantschen. Das macht richtig Spaß - nur nicht Lilly. Die muss ich ins Wasser
ziehen, aber sie schwimmt zurück an Land und macht es sich im hohen Gras gemütlich, uns von dort aus genau zu beobachten.
Als wir genug vom Wasser haben, beschließen wir die Gegend zu erkunden. Schließlich muss ich meinem Image als "Explorer Lady" ja gerecht werden. Durch die Berge geht es bergauf und -ab auf staubigen Wegen. Weit und breit kein Ort, nur ab und an mal irgendwo ein Haus. Wir sind im Nirgendwo angekommen. Dann folgen wir einem Holzschild mit dem Hinweis Buffelsdrif und landen auf einer Chickenfarm. Zwar kann man das auf den ersten Blick nicht ersehen, denn wir sehen lediglich ein fast verfallenes Gebäude. Erst als ich durch die Fenster schaue, entdecke ich, dass hier hunderte Hühner ihr Zuhause haben. Aber ich bin beruhigt, auch wenn es von außen nicht so aussieht, sind die Tiere bestens versorgt und können auch nach Draußen ins Freie. Um uns herum nur Felder - keine Häuser, keine Tiere und auch keine Menschen weit und breit.
Witzigerweise gibt es genau gegenüber eine unheimlich schöne, kleine Kirche. Aber für wen? Um hierher zu kommen, müssten die Farmer aus der Region und die Arbeiter weite Wege in Kauf nehmen. Oder ob sie nur zur Farm gehört?
Vor der Kirche ein riesiger, alter Baum, der vermutlich vor Altersschwäche irgendwann vom Sturm entwurzelt wurde. Alleine die Wurzeln sind doppelt so groß wie wir.
Weiter geht es nach Daskop. Am Weg überall wilder Dacha - eine Art Haschpflanze, sehr begehrt bei den Einheimischen... Irgendwann landen wir wieder auf der R62 und in Eensamheid. Der Name ist Programm.
Es gibt überhaupt nichts zu sehen, aber immerhin einen kleinen Shop. Nächstes Ziel Uniondale, ein kleiner Ort 1856 entstanden durch den Zusammenschluss zweier kleiner Orte im Osten der Karoo, unterhalb des 1675m hohen Tsitsikamma Gebirges, direkt an der R62 gelegen.
Der Ort bietet nicht sonderlich viel, aber die Überbleibsel eines alten Fort, das wir uns ansehen wollen und eine Kirche, die von einem deutschen Architekten aus Dresden gebaut wurde. Er hat auch die Kirche in Kapstadt gegenüber dem Parlaments gebaut und die Kirche in Ladysmith und Stellenbosch. Leider konnte ich nirgends den Namen des Architekten ersehen und die Kirche war leider geschlossen.
Nachdem wir uns in dem kleinen Shop an der Straße mit Lebensmittel eingedeckt haben, suchen wir das Alte Fort, von dem wir einen großartigen Blick über Uniondale haben. Vorher haben wir uns aber ein bisschen mit dem Besitzer des Covid-Shops unterhalten. Der Laden heißt tatsächlich so, da er in einer Garage oder Abstellraum während des Covid Lockdowns eröffnet wurde. Betrieben wird er von einer alten, schon etwas wirren Dame, die bereits an Alzheimer leidet, wie uns ihr Sohn später erzählt. Das erklärt auch, wieso sie nicht mehr in der Lage war, die Artikel zusammen zu rechnen und ich ihr geholfen habe, das richtige Wechselgeld rauszugeben. Witzigerweise war der Sohn ein Deutscher - Hippie? - der hier vor Jahren gestrandet ist. Angeblich macht er auch irgendwelche Touren für Touristen...